Bürgerinformationssystem

Auszug - Flächenversiegelung in Westerstede - allg. Diskussion  

 
 
Sitzung des Klima-, Umwelt- und Landwirtschaftsausschusses
TOP: Ö 11
Gremium: Klima-, Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mo, 20.03.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 20:13 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungssaal des Rathauses
Ort: Am Markt 2, 26655 Westerstede
23/1446 Flächenversiegelung in Westerstede - allg. Diskussion
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage
Federführend:Amt für Immobilien, Wirtschaftsförderung und Marketing Bearbeiter/-in: Nappe, Jörg
 
Wortprotokoll

Der Ausschussvorsitzende weist unter Abgabe seines Vorsitzes an Ratsfrau Kundt-Bergmann darauf hin, dass er unter diesem Tagesordnungspunkt eine allgemeine Diskussion anregen wolle und man ergebnisoffen an die Angelegenheit herangehen wolle. Die aus dieser Diskussion entstehenden Punkte könnten später wieder zum Ansatz gebracht werden.

Er führt aus, dass die Flächenversiegelung sich innerhalb der letzten 30 Jahre von 40.000 km² in Deutschland auf fast 52.000 km² gleichbleibend weiterentwickelt habe und somit deutlich zugenommen habe. Dies bedeute, dass innerhalb dieser 30 Jahre ein Viertel der gesamten versiegelten Fläche entstanden sei. Im Rahmen der Vereinbarungen zum Niedersächsischen Weg wurde das Ziel vorgegeben, ab 2030 nicht mehr als 3 ha Land am Tag in Niedersachsen zu versiegeln. Für Westerstede bedeute dieses, dass nur noch ca. 3-4 ha Fläche im Jahr versiegelt werden dürfe. Bis spätestens zum Jahr 2050 solle der Flächenverbrauch im Rahmen des Niedersächsischen Weges bei „Netto Null“ liegen. 

Herr Leffers führt aus, dass in Westerstede der Durchschnitt der letzten 15 – 20 Jahre für die Inanspruchnahme von Flächen für Wohnbebauung bei ca. 2 ha im Jahr und für die gewerbliche Entwicklung bei ca. 1,5 ha pro Jahr läge. Dies entspreche in etwa schon den genannten 2030er Zielwerten des Niedersächsischen Weges. Von daher sei man für den heutigen Zeitpunkt gut aufgestellt, aber weiter daran arbeiten müsse. Er weist auf die bisherige Siedlungspolitik hin, die geprägt davon war, im Rahmen einer moderaten Entwicklung aber auch immer ein Angebot stadt- oder dorfbezogen vorzuhalten. Gleiches gilt für die Ausweisung von Gewerbeflächen.

Ratsherr Piepers führt aus, dass laut statistischem Bundesamt in der Zeit von 1992 bis 2020 rund 475.000 ha Fläche in Deutschland versiegelt worden seien. Dieses entspreche rd. 1/3 der Fläche Schleswig-Holsteins. Die Versiegelung könne in diesem Tempo so nicht weitergehen, da man sich jeder Lebensgrundlage damit beraube. Es müsse ein Umdenken stattfinden und nur noch so wenig Flächen wie möglich versiegelt werden.

Ratsherr Hooymann gibt zu bedenken, dass die Thematik schwer zu diskutieren sei. Der Flächenfraß betreffe die weite Fläche, die versiegelten Flächen würden unmittelbar bei der Nahrungsmittelproduktion fehlen oder aber für Städte benötigte Frischluftschneisen würden durch Bebauung abgeschnitten. Andererseits benötige man aber auch Bauland für die Wohnbebauung, um die Städte am Leben zu erhalten. Zudem sei es auch wichtig, Industrie-  und Gewerbeflächen zu schaffen, um die Gewerbetreibenden in der Stadt zu halten. Maßgabe müsste es sein, im Bestand zu wachsen, bedeute alte Gewerbegebiete neu zu nutzen und alte Wohnbaugebiete den heutigen Bedürfnissen entsprechend zu entwickeln. Die gesamte Diskussion müsse jedoch eigentlich von oben (Bund/Land) nach unten erfolgen, sonst arbeite jede Kommune anders.

Ratsfrau Beeken spricht sich dafür aus, auf die Art der Versiegelung und die Bauart zu achten. Es müsse mehr in die Tiefe und in die Höhe gebaut werden, um möglichst wenig Fläche in der Breite versiegeln zu müssen. Auch auf die Art der Versiegelung könne man einwirken, man könne zum Beispiel die Verwendung von Lochsteinen vorgeben. Sie befürwortet zudem die Nachnutzung von bereits versiegelten Flächen oder die Entsiegelung von Flächen, die nicht mehr genutzt werden. Diesbezüglich müsse man zukünftig vielleicht neue Anreize schaffen.

Ratsfrau Finke verweist auf die Vorgaben des Niedersächsischen Weges. Sie bezieht sich auf die vorgetragenen Zahlen von Herrn Leffers und deutet dies als bereits positiven Weg, mehr gehe aber immer noch. Entsiegelung sei ein guter Gedanke, hier müsse man an Umsetzungsideen arbeiten. Bedenken müsse man hier, dass laut Wohnraumanalyse zukünftig kleine Wohnungen benötigt werden. Es würden aber auch Gewerbebetriebe benötigt, um Arbeitsplätze am Ort zu schaffen. Sie schlage vor einen Spezialisten zu diesem Thema zu einer der nächsten Ausschusssitzungen einzuladen, der hierzu referieren solle.

Ratsherr Steinsiek weist auf die Problematik des Spagats zwischen Erhaltung des Naturhaushalts bzw. Klimaschutzes und der Flächenversiegelung hin. Wirtschaftswachstum und Nichtversiegelung gleichzeitig zu beachten, sei schwierig. Man dürfe mit der Versiegelungsproblematik die potentiellen Gewerbebetriebe nicht verschrecken. Er unterstütze den Gedanken einen Experten zu Rate zu ziehen.

Ratsherr Töpfel weist unter Abgabe seines Ausschussvorsitzes an Ratsfrau Kundt-Bergman auf den Westersteder Wert von fast 4 ha Versiegelung im Jahr hin. Trotz dieser Werte im Vergleich zu anderen Städten, solle man jedoch weiter an der Reduzierung der Versiegelung arbeiten, zum Beispiel durch Flächenrecycling. Er weist noch darauf hin, dass die Containerflächen der Baumschulen nicht in den statischen Zahlen enthalten seien. Eine Containerfläche sei jedoch in seinen Augen eine langfristige Versiegelung. Würden diese Flächen in der Statistik berücksichtigt, wären die Westersteder Zahlen schlechter.

Ratsherr Piepers führt aus, dass das Ammerland für Neubürger immer attraktiver werde und die Nachfrage nach Wohnraum stetig hoch sei. Man müsse hier aber mit Bedacht die weitere Wohnbebauung planen und nicht für jeden Zuzugswilligen neuen Wohnraum schaffen, während andere Kommunen mit weniger Attraktivität ausbluten würden. Der Konkurrenzkampf der Kommunen untereinander fördere somit noch die weitere Versiegelung.

Ratsherr Hooymann bezieht sich auf die derzeitigen Flächenversiegelungswerte und führt aus, dass man trotzdem weiter an Optimierung arbeiten müsse. Letztendlich müssten 2050 alle Kommunen auf den Wert „0“ kommen. Es müsse auch bedacht werden, dass die jungen Leute in Westerstede gehalten werden müssten und dies funktioniere nur mit einer funktionierenden Arbeits- und Wohnstruktur. Insoweit müsse man gegebenenfalls hinsichtlich der Wohnungsgrößen und Entwicklungsflächen entsprechende Konzepte erarbeiten.

Ratsherr Hots führt aus, dass man hinsichtlich der Containerflächen der Baumschulen bedenken solle, dass die Baumschulen ein großer Wirtschaftszweig von Westerstede seien und diese bereits verantwortungsvoll handeln würden. Insgesamt hätten jedoch alle irgendwie Recht und es zeige sich, dass der bisherige Weg der behutsamen Entwicklung richtig gewesen sei.

Ratsfrau Kundt-Bergmann weist auf die zunehmenden Gefahren von Starkregen und Trockenheit hin. Jede zusätzliche Versiegelung verstärke den Effekt. Dennoch sei es richtig, Wohnraum für junge Menschen und Gewerbeflächen zu schaffen, damit diese nicht abgehen.

Der Ausschussvorsitzende bedankt sich für die rege Diskussion und die Vielzahl der geleisteten Beiträge und leitet zum nächsten Tagesordnungspunkt weiter. 

.