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Beschlussvorschlag:Die anliegende Richtlinie der Stadt Westerstede über die personelle Besetzung von Kindertagesstätten wird mit Wirkung vom 01.01.2023 beschlossen. Gleichzeitig wird die bisherige Regelung der Stadt Westerstede zum Personaleinsatz außer Kraft gesetzt. Der Beschluss erfolgt unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Haushaltsausschusses über die damit verbundenen zusätzlich bereitzustellenden Haushaltsmittel und Personalstellen. Sachverhalt:In der letzten Sitzung des Sozialausschusses wurde der bestehende Arbeitskreis im Bereich der Kindertagesstätten mit der Erarbeitung von Lösungsansätzen zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität in den Kindertagesstätten beauftragt. Auch beinhaltete die Aufgabenstellung an den Arbeitskreis eine Beratung über den von der Ratsfraktion Wir Ammerländer eingereichten und in der Anlage beigefügten Antrag zur Beseitigung des Fachkräftemangels und zur Bindung von Fachkräften.
Hintergrund war der bei der Kitabereisung von allen Einrichtungen beanstandete Fachkräftemangel, der nicht nur die Qualität der frühkindlichen Bildung für die Kinder, sondern auch die Arbeitsbedingungen für die pädagogischen Fachkräfte sowie den Umfang der Betreuungsangebote verschlechtert.
Mittlerweile hat sich der Arbeitskreis an vier Terminen eingehend mit der Problematik befasst. Beteiligt waren neben den Vertretern aus der Politik auch eine Vertretung der Kindertagesstättenleitungen sowie der Eltern. Einigkeit bestand darin, bei allen Lösungsansätzen das Wohl des Kindes und den gesetzlich verankerten Bildungsauftrag in den Vordergrund zu stellen und nicht persönliche oder monetäre Belange.
Da sich das Problem des andauernden Personalmangels nicht kurzfristig und auf kommunaler Ebene nur bedingt lösen lässt, wurde nachfolgendes Maßnahmepaket diskutiert und als Empfehlung für den Sozialausschuss ausgesprochen. Ziel ist, das vorhandene Personal zeitnah zugunsten der pädagogischen Arbeit zu entlasten. Im Vordergrund steht dabei die Stärkung und Bindung des Personals, in dem über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus bessere Bedingungen geschaffen werden. Dies soll dazu führen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen zu verbessern, Krankenstände zu minimieren und nicht zuletzt als attraktiver Arbeitgeber konkurrenzfähig zu bleiben:
Ziel: Stärkung des bestehenden Personals, Personalbindung, Personalgewinnung Vorschlag: Erstellung einer internen Richtlinie für Weiterbildung von Mitarbeiter*innen, z.B. Sozialpädagogische Assistenz.
Ziel: Gewinnung von Personal Vorschlag: Ausbildung von 6 (davon 4 Stadt, 1 Kirche, 1 DRK) sozialpädagogischen Assistenten mit Ausbildungsvergütung. Voraussetzung: einheitliche Regelungen zur Schaffung einer Schulklasse an der BBS Rostrup und Zahlung einer Vergütung im Landkreis Ammerland. Voraussichtliche Kosten: ca. 72.000 Euro jährlich, die jedoch ab 01.08.2023 finanzhilfefähig sind.
Ziel: Stärkung des Leitungsteams Vorschlag: Gewährung von bis zu 20% der gesetzlichen Leitungsstunden zusätzlich pro Einrichtung, die vornehmlich für die Tätigkeit der stellvertretenden Leitung zur Verfügung gestellt werden und auch den zeitlichen Aufwand für eine Ausbildungsbegleitung beinhalten. Voraussichtliche Kosten: ca. 80.000 Euro/Jahr.
Ziel: Stärkung des bestehenden Personals Vorschlag: bis zu 2,5 Stunden Verfügungszeit zusätzlich für Ganztagsgruppen mit einer Regelbetreuung von mehr als 8 Stunden täglich Voraussichtliche Kosten: ca. 25.000 Euro/Jahr.
Ziel: Stärkung des bestehenden Personals Vorschlag: Anpassung des Vertretungsstundenkontingents von 2014 an die aktuell tatsächlichen Personalausfallzeiten aufgrund des neuen Tarifvertrages und Krankenständen. Grundzuschlag: 14 %; weiterer Zuschlag für jede Woche weniger Schließzeit 2,5 % des Gesamtstundenkontingents. Voraussichtliche Kosten: ca. 420.000 Euro/Jahr bei Beibehaltung der derzeitigen 4-wöchigen Schließzeiten.
Ziel: Stärkung des bestehenden Personals Vorschlag: a) Erstellung einer Stellenbemessung wie bei den Schulen und Anpassung der Arbeitszeiten bei den Hausmeistern und Reinigungskräften. Da die Berechnung einige Zeit erfordert, bleiben die bisherigen Regelungen zunächst bestehen und werden zu einem späteren Zeitpunkt angepasst.
b) Anpassung der Wochenstunden für Hauswirtschaftskräfte von 5 auf 6 Wochenstunden pro 200 Mittagsverpflegungen wöchentlich. Voraussichtliche Kosten: Kompensation durch Wegfall der bisherigen Verwaltungsstunden für Verpflegung.
Die einzelnen Maßnahmen werden in der Sitzung vorgestellt. Interessanterweise hat die Bertelsmann Stiftung in ihrem erst kürzlich veröffentlichen Ländermonitor zum Thema frühkindliche Bildung ähnliche Maßnahmen zur schrittweisen Verbesserung des Fachkräftemangels vorgeschlagen. Hier heißt es unter anderem: „Notwendig ist eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen, um die Lücke an Fachkräften schrittweise zu reduzieren. Zunächst müssen in den KiTas kurzfristig die bestehenden Überlastungen des Personals reduziert werden. Ein wichtiger Schritt kann hier sein, systematisch Aufgaben, die andere Qualifikationsprofile erfordern, zu identifizieren. Dies können zum Beispiel Tätigkeiten in den Bereichen Hauswirtschaft und Verwaltung sein, die oftmals noch durch pädagogische Fachkräfte übernommen werden müssen – diese könnten sich dann stärker auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren. Dennoch muss zusätzlich auch das jetzige, sehr vielfältige Aufgabenspektrum von KiTas, das sich mit einer unzureichenden Personalbemessung nicht abdecken lässt, konsequent überprüft und priorisiert werden. Angesichts der in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsenen Anforderungen an KiTas müssen alle Akteur*innen gemeinsam mit der Praxis und mit Beteiligung der Eltern prüfen, wie das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum der KiTa-Fachkräfte an die knappen Personalkapazitäten angepasst werden kann. Zentraler Orientierungsmaßstab müssen dabei die Rechte der Kinder auf Bildung und gutes Aufwachsen sein.“
Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmepaket wäre ein erster Schritt in Richtung verlässliche Betreuung, Mitarbeiterbindung und -gewinnung und letztlich zur Steigerung der Qualität der frühkindlichen Bildung getan.
Als Rahmen für die Umsetzung der Maßnahmen müsste die seit 2014 gültige Richtlinie der Stadt Westerstede über die personelle Besetzung von Kindertagesstätten aktualisiert werden. Da das Ziel der bestehenden Richtlinie die Gleichbehandlung aller Einrichtungen unter den seinerzeit sehr unterschiedlichen Trägern sowie der hierfür gestellte finanzielle Rahmen war, wurde die Richtlinie nunmehr komplett überarbeitet und die Sicherung der Qualität der pädagogischen Arbeit in den Vordergrund gestellt.
Regelungen in der bestehenden Richtlinie, die mittlerweile im Nds. Kinderstagesstättengesetz oder in der Satzung der Stadt Westerstede über die Aufnahme und den Besuch in Tageseinrichtungen für Kinder verankert sind, wurden gestrichen.
Eine Evaluation der Richtlinie ist in 3 Jahren vorgesehen. Der erste Ausbildungslauf ist dann abgeschlossen. Auf erste Erfahrungswerte könnte ebenfalls zurückgegriffen werden. Die erforderlichen Anpassungen im Bereich Reinigung, Hauswirtschaft und Hausmeister sowie im Bereich der Ausbildungsförderung und Weiterbildung müssten jedoch zeitlich eher in Angriff genommen werden.
Ferner müsste der Stellenplan entsprechend angepasst werden. Sollten alle zusätzlichen Maßnahmen beschlossen werden, würde dies ein Gesamtumfang von rechnerisch gut 9 Vollzeitstellen und jährliche Kosten von 525.000 € zuzüglich Tariferhöhungen für alle Einrichtungen in eigener und in externer Trägerschaft bedeuten. Zudem müssten die Bedingungen für die Ausbildung von 6 sozialpädagogischen Assistentenstellen geschaffen werden. Die Kosten hierfür verhalten sich jedoch weitestgehend neutral, weil diese ab 01.08.2023 finanzhilfefähig sind.
Für die Einrichtungen in Trägerschaft der Stadt Westerstede sind die Personalaufwendungen im Teilbereich 125 einzuplanen und unterstehen daher dem Zuständigkeitsbereich des Haushaltsausschusses. Die zusätzlichen Personalaufwendungen für die Einrichtungen in externer Trägerschaft werden dagegen im Teilbereich 220 in Zuständigkeit des Sozialausschusses (Beschlussvorlage Nr. 22/1342) abgebildet.
Dem Arbeitskreis war klar, dass mit dem Maßnahmepaket und der Schaffung der damit verbundenen zusätzlichen Stellen zwar kurzfristig noch kein weiteres Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist, dennoch im ersten Schritt der erforderliche Rahmen geschaffen werde, um überhaupt zusätzliches Fachpersonal akquirieren zu können.
Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen und als mögliches Instrument, verlässliche Betreuungsangebote aufrecht erhalten zu können, wurde daher noch eine weitere Maßnahme diskutiert:
= Zeiten, in denen die Einrichtung keine Betreuung anbietet und in denen das Personal ihre Urlaube nehmen kann bzw. die vom Gesetzgeber geforderten Fortbildungstage stattfinden. Unter Berücksichtigung des neuen Tarifvertrages fallen pro Mitarbeiter*in 37 Tage an, die nicht für eine Kinderbetreuung zur Verfügung stehen.
Ziel: Stärkung des bestehenden Personals, Vermeidung von krankheitsbedingten Schließungen, Aufrechterhaltung einer verlässlichen Betreuung während der Regelöffnungszeiten Vorschlag: Erhöhung der regulären Schließzeiten in allen Einrichtungen (Ausnahme: flexibles Betreuungsangebot der Kita Jahnallee) von bisher 20-22 auf 25-27 Tage im Jahr.
Hierzu wurde ein Meinungsbild von Eltern, Kitaleitungen und Mitarbeitern eingeholt, das jedoch naturgemäß sehr unterschiedlich ausgefallen ist. Eine Handlungsempfehlung an den Sozialausschuss wurde daher nicht ausgesprochen, wohl aber die Verwaltung gebeten, alternativ die Auswirkungen bei 5 Wochen Schließzeit zu berechnen und auch pädagogische Gründe für eine Ausweitung der Schließzeiten für eine Entscheidungsfindung im Fachausschuss zu benennen.
Da eine Ausweitung der Schließzeiten dazu führt, dass weniger Personalausfallzeiten durch Vertretungskräfte überbrückt werden müssten, hat dies rein rechnerisch zur Folge, dass pro Woche Schließzeit mehr im Jahr insgesamt 2 Vollzeitstellen und ca. 108.000 € Personalkosten weniger einzuplanen wären.
Aus pädagogischer Sicht hätte die genannte Maßnahme den Effekt, dass zumindest eine Chance besteht, häufig wechselndes Personal und den damit verbundenen zusätzlichen Stress für die Kinder zu vermeiden. Kinder benötigen ihre Bezugspersonen. Auch könnte das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt werden, da alle gemeinsam in die Erholungsphase eintreten und gemeinsam erholt wieder starten.
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen. Bildung und Qualität sollten Vorrang vor Quantität haben. Der Alltag der Kinder ist mit dem Arbeitstag eines Erwachsenen oder eines Schulkindes vergleichbar und anstrengend. Große Gruppen und enorme Lautstärke stellen eine zusätzliche Belastung dar. Erholungsphasen sind dabei notwendig, um Gelerntes zu verarbeiten und motiviert und mit Freude wieder in den Kitaalltag starten zu können.
Eine weitere Woche Schließzeit wurde für die Herbstferien angeregt, weil zu diesem Zeitpunkt die Eingewöhnung abgeschlossen ist und sowohl Kinder als auch Personal erschöpft sind. Hier wäre eine Pause förderlich. Die Phase zwischen Beginn des Kindergartenjahres im Sommer bis zu den Weihnachtsfeiertagen ist sehr lang. Im Frühjahr ist diese Arbeitsphase nicht so lang, weil es mehrere gesetzliche Feiertage gibt. Zudem erschwert der Herbst als dunkle Jahreszeit mit weniger Licht und mehr Regentagen den Aufenthalt draußen und die damit verbundene ausreichende Bewegung. Auch könnten die Krankenstände in der Haupterkältungszeit reduziert werden.
Nicht zuletzt hätte eine Ausweitung der Schließzeiten den Effekt, dass eine Grundreinigung und anstehende Renovierungsarbeiten erledigt werden könnten, die sonst im laufenden Betrieb nur schwer möglich sind.
Die Verwaltung wurde gebeten, die Ergebnisse und Ziele des Arbeitskreises sowohl den Leitungen als auch der Elternschaft transparent zu machen. Am 02.11. erfolgt dies im Kitaleitungstreffen und am 10.11.2022 in der konstituierenden Sitzung des Stadtelternrates. In der Sitzung des Sozialausschusses wird entsprechend berichtet.
Sollte eine Ausweitung der Schließzeiten und im Gegenzug eine Erhöhung der Feriennotbetreuungszeiten entschieden werden, müsste im nächsten Schritt die Satzung der Stadt Westerstede über die Aufnahme und den Besuch in Tageseinrichtungen für Kinder entsprechend (§ 7 Abs. 4) geändert werden. Dies könnte unter Einbeziehung des Arbeitskreises in der Frühjahrssitzung des Fachausschusses erfolgen. Finanzielle Auswirkungen:
Entsprechende Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:
Die Mehraufwendungen in Höhe von 525.000 € können nicht anderweitig aus dem für das Jahr 2023 festgelegten Budget 220 bzw. 125 ausgeglichen werden. Anlage/n:- Antrag der Ratsfraktion Wir Ammerländer zum Fachkräftemangel - überarbeitete Richtlinie der Stadt Westerstede über die personelle Besetzung von Kinder- tagesstätten und Synopse
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