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Vorlage - 17/0087  

 
 
Betreff: Freistellung (Entwidmung) / Nutzung eines Teilabschnitts der Bahnstrecke Ocholt - Westerstede
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Amt für Immobilien, Wirtschaftsförderung und Marketing Bearbeiter/-in: Nappe, Jörg
Beratungsfolge:
Wirtschaftsausschuss Vorberatung
07.03.2017 
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus, Märkte und Mobilität ungeändert beschlossen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Stadt Westerstede Entscheidung
28.03.2017 
Sitzung des Rates der Stadt Westerstede ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n

Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt, für die Haupt- und Nebenflächen der Bahnstrecke Ocholt -Westerstede das Freistellungsverfahren für den Teilabschnitt zwischen Großer Süderbäke (Flurstück 300/17 der Flur 46)  und ehemaligem Verladebahnhof in Linswege (Flurstück 161/6 der Flur 32) zu beantragen und durchzuführen.

 

 


Sachverhalt:

Die Nutzung der im Juni 2005 von der Deutschen Bahn erworbenen Bahnstrecke Ocholt – Westerstede wurde bereits des Öfteren diskutiert, zuletzt im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Märkte am 19.04.2016. Ziel des Erwerbs war seinerzeit die Sicherung der Eisenbahninfrastruktur in ihrem Bestand, insoweit wurden die Gleisanlagen und technischen Anlagen von Ocholt, Bahnhof, bis Linswege, Neuenburger Straße, mit erworben und die Widmung für Bahnbetriebszwecke aufrechterhalten.

 

Die 7 km lange Bahnstrecke wurde seitens des Eisenbahnbundesamtes in ihrer Gesamt­länge bereits zum 01.05.2003 u. a. aufgrund von für den Bahnverkehr nicht unerheblicher Mängel sowie fehlender Übernahmemöglichkeit durch andere Verkehrsbetriebe stillgelegt.

 

Auf dem Streckenabschnitt Ocholt bis Westerstede, Baumschule Böhlje, verkehrt seit 2006 die Draisinenspaß Ammerland GmbH & Co. KG. Der restliche Teil der Bahnstrecke inkl. eines Nebengleises im Gewerbegebiet Hansacker wurde seit der Stilllegung nicht mehr genutzt. Einige Bereiche wurden von anliegenden Gewerbetreibenden im Rahmen einer Nutzungsvereinbarung mit der Stadt Westerstede überbaut und werden derzeit als Park- oder Stellflächen genutzt.

 

Die Bahnstrecke ist in der gesamten Länge noch für Bahnbetriebszwecke rechtlich gewidmet. Das bedeutet, dass für diese Flächen so lange ein öffentlich-rechtlicher Planungs- und Nutzungsvorbehalt besteht, bis das Eisenbahn-Bundesamt durch einen Verwaltungsakt feststellt, dass die der Bahnstrecke dienenden Grundstücke von den Bahnbetriebszwecken freigestellt werden. Diese Freistellung nach § 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) beseitigt die Rechtswirkungen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, so dass die Grundstücke erst dann wieder ohne fachplanungsrechtliche Einschränkung dem Bauplanungsrecht unterfallen und damit die Stadt Westerstede wieder die uneingeschränkte Planungshoheit über diese Flächen erlangt. Die Stadt Westerstede ist hier für das Freistellungsverfahren antragsberechtigt, da die betroffenen Flächen auf ihrem Gebiet liegen.

 

Die Freistellung ist aufgrund des genannten Planungsvorbehalts für eine ungehinderte städtebauliche Entwicklung maßgeblich. Im Gegenzug ist jedoch abzuwägen, ob eine Beibehaltung der Widmung der Bahnflächen sinnvoll wäre. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Reaktivierung der Bahnstrecke für den Bahnverkehr anzunehmen ist, also wenn ein Verkehrsbedürfnis und eine Nutzung der Bahninfrastruktur zu erwarten ist.

 

Der ‚Lenkungsausschuss zur Reaktivierung von Bahnstrecken für den Schienenpersonen­nahverkehr mit wirtschaftlicher Vernunft in Niedersachsen‘ hat 2014 die Bahnstrecke Ocholt – Westerstede in seiner Beurteilung auf Rang 27 von 28 in Frage kommenden Bahnstrecken der zweiten Phase festgesetzt. Seinerzeit sind die besten acht Bahnstrecken in die dritte Phase der Beurteilung gekommen, für drei Bahnstrecken wurde schlussendlich die Reaktivierung weiterverfolgt. Dies lässt den Schluss zu, dass die Strecke Ocholt – Westerstede aus heutiger Sicht keine wesentliche Bedeutung für die Reaktivierungsmöglichkeit für den Schienenpersonennahverkehr mit wirtschaftlicher Vernunft hat.

 

Hinsichtlich des Güterverkehrs wird auf die Beschlussvorlage 16-0075 (Wirtschafts­ausschuss vom 19.04.2016) verwiesen: Die in den Gewerbegebieten Hansacker und Neuenburger Straße angesiedelten größeren Unternehmen wurden kontaktiert und das jeweilige Interesse am Erhalt der Strecke abgefragt. Von den befragten Unternehmen hat lediglich eine Firma Interesse am Erhalt der Bahnstrecke gezeigt, um nach eigener Aussage Beschaffungen ortsnäher abwickeln zu können, da die Güter derzeit auf den Verlade­bahnhöfen in Dörpen oder Aurich auf LKW umgeladen würden. Diese Firma hat jedoch keinen direkten Zugang zum Gleis. Alle anderen befragten Unternehmen haben derzeit keine Option in der Nutzung des Bahngleises gesehen und halten auch eine zukünftige Nutzung für unwahrscheinlich. Größtenteils wird das Gleisbett mit den aufliegenden Gleisen als Störung angesehen und eine Entfernung sowie der Erwerb des Grundstücks angeregt.

 

Die sonstige Nutzung der Bahnstrecke für einen möglichen Bahnverkehr, bspw. als Ausweich- oder Streckenergänzung zum vorhandenen allgemeinen Schienennetz wird seitens der Verwaltung kritisch gesehen. Es sind lediglich nur noch die Flächen für die Bahnstrecke bis Linswege zum ehemaligen Verladebahnhof für Bahnbetriebszwecke gewidmet. Die folgenden Flächen der ehemaligen Streckenführung bis Wilhelmshaven sind allesamt bereits freigestellt und an private Dritte veräußert worden, so dass hier schon andere Nutzungen eingetreten sind und ein Zugriff nur erschwert möglich wäre oder gar als aussichtslos einzustufen wäre.

 

Bis auf die Nutzung eines Teilabschnitts durch die Draisinenspaß Ammerland GmbH & Co. KG besteht derzeit keine Annahme einer weiteren nachhaltigen Nutzung. Die Draisinenspaß Ammerland GmbH & Co. KG hat mit der Stadt Westerstede einen Nutzungsvertrag für den Streckenabschnitt Ocholt bis Westerstede, Baumschule Böhlje (Draisinenbahnhof), geschlossen. Der Vertrag läuft noch bis 2022 mit einer Option für die Draisinenspaß Ammerland GmbH & Co. KG auf Verlängerung für weitere fünf Jahre. Im Falle einer Aufhebung der Strecken-Stilllegung wird der Vertrag gegenstandslos. Die Nutzung des Draisinenbahnhofs auf den Flächen Böhlje ist durch Pachtvertrag bis 2022 gesichert.

 

Die mit einer Freistellung der gewidmeten Flächen zurückerhaltene Planungshoheit hätte für die städtebauliche Entwicklung einige positive Aspekte:

 

Zum einen würden sich für die weitere Optimierung des Straßenverkehrs neue Flächenpotentiale ergeben. So stünden im Bereich der Prikker-Kreuzung weitere Flächen für eine Kreuzungsumgestaltung zur Verfügung, ergänzend würden die Querungen der Ammerlandallee sowie der Wilhelm-Geiler-Straße entfallen. Entlang der Ammerlandallee würden sich ebenfalls weitere Flächenpotentiale ergeben, die insbesondere im Bereich der Zu- und Abfahrten zur Autobahn A28 genutzt werden könnten. In beiden Fällen obliegen die  Planungen jedoch der Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, die Flächen sollten jedoch seitens der Stadt Westerstede gesichert werden.

Zum anderen würden sich städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen der gewerblichen Nutzung von freiwerdenden Flächen ergeben, hier insbesondere bei unbebauten Grundstücken wie dem ehemaligen Holzverladebahnhof im Bereich des alten Bahnhofs sowie bei anliegenden Gewerbegrundstücken, allen voran bei den Gewerbe­gebieten Hansacker und Neuenburger Straße.

Im Bereich des Bahnwegs würden sich Flächenpotentiale für einen Ausbau der vorhandenen technischen Oberflächen-Entwässerungsanlagen anbieten, da diese derzeit nur schwer zugänglich sind und im Rahmen einer weiteren städtebaulichen Entwicklung ggf. nicht mehr den Anforderungen genügen.

 

Für die städtebauliche Entwicklung wäre unter Betrachtung der oben genannten Aspekte keine Freistellung der gesamten Bahnstrecke Ocholt – Westerstede notwendig. Eine Freistellung für den Abschnitt von der großen Süderbäke bis nach Linswege, ehemaliger Verladebahnhof, wird aus Sicht der Verwaltung für vertretbar gehalten. Die verbleibende restliche Bahnstrecke zwischen Ocholt und großer Süderbäke würde für Bahnbetriebszwecke gewidmet bleiben, so dass diese als öffentliche Verkehrsflächen erhalten blieben und weiterhin dem Zweck des Bahnbetriebes dienen würden. Voraussetzung für die Freistellung eines Teilbereichs ist die „betriebliche Abbindung“, d. h. die funktionale Trennung zur weiterhin vorhandenen Bahninfrastruktur.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass sich nach Aussage des Eisenbahnbundesamtes die konkret von der Freistellung betroffenen Flurstücke erst im Laufe des Freistellungsverfahrens ergeben würden. Dies liege darin begründet, dass es sich um eine Altstrecke handele und konkrete Nachweise zur Widmung nicht mehr von dort greifbar seien. Insoweit sei das Eisenbahnbundesamt auf die Ergebnisse der öffentlichen Bekanntmachungen angewiesen. Schon jetzt steht jedoch fest, dass sich der Antrag auf Freistellung des genannten Streckenbereichs auch auf Flurstücke im Eigentum Dritter auswirkt, so bspw. im Bereich der ehemaligen Verladebahnhöfe in Linswege und Westerstede. Diese betroffenen Eigentümer stehen dem Antrag auf Freistellung bereits positiv gegenüber.

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Ggf. Erlöse aus Verkäufen städtischer Flächen und technischer Bahnanlagen sowie Einsparungen im Rahmen der Grundstücksunterhaltung.

 

 


Anlage/n:

 

- Lageplan Gesamtstrecke

- Lageplan Freistellung Startbereich

- Lageplan Freistellung Endbereich

- Lageplan Gesamtstrecke Nutzungsmöglichkeiten

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Lageplan_A3_Gesamtstrecke (585 KB)      
Anlage 2 2 Freistellung_Startbereich (233 KB)      
Anlage 3 3 Freistellung_Endbereich (188 KB)      
Anlage 4 4 Gesamtstrecke_Nutzungsmöglichkeiten (1067 KB)