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Auszug - Namensgebung der Oberschule Westerstede  

 
 
Sitzung des Ausschusses für Schule und Bildung
TOP: Ö 5
Gremium: Schulausschuss Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mo, 28.06.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 20:26 Anlass: Sitzung
Raum: Forum der Oberschule Westerstede
Ort: Heinz-Böhnke-Straße 3, 26655 Westerstede
21/1026 Namensgebung der Oberschule Westerstede
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Amt für Bildung und Leben Bearbeiter/-in: Dujesiefken, Feenke
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Frau Hinrichs heißt Herrn Prof. Dr. Peiffer recht herzlich willkommen, welcher per Videokonferenz live von Rhodos dazu geschaltet wurde.

Herr Prof. Dr. Peiffer geht zunächst auf die Quellen seines Gutachtens ein. Anschließend präsentiert er sein Gutachten und stellt den Werdegang des Robert Dannemann in der Zeit des Nationalsozialismus und seinen Umgang mit der eigenen Vergangenheit in der Zeit danach dar.

Das Gutachten ist dem Protokoll beigefügt.

Ratsherr Harms hinterfragt die berufliche Qualifikation des Gutachters. Ihm sei dieser als Sportwissenschaftler, nicht aber als Historiker, bekannt. Im Gutachten fehle es ihm jedoch an historischen Rahmenbedingungen. So sei der Referenzrahmen, unter dem die Menschen damals gelebt haben, vollkommen außer Acht gelassen worden. Das gesamte Wirken von Robert Dannemann sei nicht bewertet sondern nur auf die Zeit des Nationalsozialismus reduziert worden. Der Gutachter habe es nicht geschafft, Dannemann irgendwelche Verbrechen nachzuweisen, außer dass dieser Parteimitglied und in der SA gewesen sei. Nach der Zeit des Nationalsozialismus sei Dannemann Bundestagsabgeordneter gewesen und habe für die Region viel geleistet. Diese Leistung sei im Gutachten in keiner Weise gewürdigt worden. Ratsherr Harms bekenne sich als ein Befürworter der Umbenennung der Schule. Dies läge jedoch nicht an der Person Robert Dannemann, sondern sei seiner Auffassung geschuldet, grundsätzlich Schulen, Institutionen und Ähnliches nicht nach Persönlichkeiten zu benennen. Jede Person sei differenziert zu betrachten und habe ihre Schatten- sowie Sonnenseiten.

Mit seinem Statement wolle er vermeiden, dass Robert Dannemann in eine Ecke gestellt werde, die dieser nicht verdient habe, weil er anschließend sehr viel für das Oldenburger Land geleistet habe. Deshalb sei es ihm wichtig, bei einem Gutachten den Referenzrahmen zu betrachten. Auch Stauffenberg sei anfangs ein glühender Nationalist gewesen, bis ihm die falsche Politik aufgegangen und er dann in den Widerstand gegangen sei. Heute sei er der große Held. Seiner Meinung nach müsse jede Person sehr differenziert betrachten werden.

Herr Prof. Dr. Peiffer geht auf die Einwände ein. Er sei Sporthistoriker, habe Sport und Geschichte studiert. In Geschichte habe er promoviert und habilitiert. In seiner Lehre und Forschung habe er diese beiden Fächer zusammenführen können. Natürlich müsse man die Rahmenbedingungen zu Zeiten des Nationalsozialismus einbeziehen. Die Ziele der Nazis, nämlich eine rassenreine Volksgemeinschaft zu installieren, seien aber sehr eindeutig gewesen. Zu dieser rassenreinen Volksgesellschaft gehörten weder Juden noch Sinti, Roma, Homosexuelle und so weiter. Alle Menschen, die sich dieser Partei angeschlossen haben, hätten dies gewusst oder hätten dies wissen können, Vorgesetzte in der Behörde des Reichsnährstands mit dem zugrundeliegenden Blut- und Bodenprogramm, wie Dannemann es gewesen sei, in jedem Fall. Stauffenberg sei anfangs ein glühender Nationalsozialist gewesen, habe aber erkannt, in welchem Terrorregime er Mitglied gewesen sei und für welches Terrorregime er gearbeitet habe. Dannemann habe dies nicht erkannt. Er sei bis 1945 Mitglied dieser Partei geblieben. Es sei völlig unhistorisch, Entwicklungen die sich in der Zeit 1933 bis 1945 im Lebenslauf niederschlagen, mit Entwicklungen und Taten, die in der Zeit nach 1945 geleistet wurden, zu verrechnen. Gerade wenn Bildungseinrichtungen nach Personen benannt werden, sollten diese eine Vorbildfunktion haben oder einen bestimmten pädagogischen Rahmen oder pädagogische Zielperspektiven aufzeigen. Dannemann könne mit Sicherheit kein Vorbild für die Benennung einer Schule sein.

Ratsherr Kroon stellt klar, dass die SPD-Fraktion keinerlei Zweifel an dem Ergebnis des Gutachtens habe und dieses die richtige Grundlage für eine Entscheidungsfindung sei. Dem Beschlussvorschlag könne man folgen. Es sei eindeutig aus öffentlichen Quellen nachgewiesen, dass Dannemann aktives Mitglied in der NSDAP bis 1945 gewesen sei. Auch danach habe er als Person die Mitgliedschaft nicht in Frage gestellt oder sich entschuldigt. Somit habe er das Thema verleugnet. Sicherlich habe Dannemann danach seine Aufgaben gemacht. Unter dem Strich stehe jedoch insbesondere im Hinblick auf die Vorbildfunktion fest, dass der Name nicht mehr für die Oberschule stehen könne. Es sei sehr wichtig gewesen, die Diskussion in die Schule hinein zu tragen. Dies sei in den letzten Wochen geschehen. Die Schule mit all ihren Organen könne das Gutachten nachvollziehen und plädiere für eine Namensänderung. Zu dem neuen Namensvorschlag bitte er, den Schulleiter, Herrn Saathoff, um Erläuterung.

Der Schulleiter Herr Saathoff erinnert an seine Ausführungen aus der letzten Sitzung, in denen er deutlich gemacht hat, dass die Schule sich eine Klärung bezüglich des Namens wünsche, damit endlich Ruhe einkehrt und die Schule sich auf Ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könne. Mittlerweile habe die Schule innerhalb der Gremien über das Gutachten gesprochen und sei einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen, diesen Namen ablegen zu wollen. Auch über einen neuen Namensvorschlag sei beraten worden. Der Name „Am Campus“ sei bereits im Konzept für die Neugestaltung der Schule mit eingebunden gewesen. Ein wesentlicher Punkt des Campus werde auch in Zukunft eine weitere verstärkte vorberufliche Bildung sein, die das Aushängeschild der Stadt über die Grenzen hinaus sein könnte.

Die Ausschussvorsitzende bedankt sich für die ausführlichen Erklärungen von Herrn Prof. Dr. Peiffer und verabschiedet diesen. Die Diskussion wird eröffnet.

Ratsherr Lukoschus stellt die Expertise nicht in Frage. Die Diskussion um die Namensgebung sowie der Vortrag sei nicht neu. Schulintern wurde sich ebenfalls mehrfach in der Vergangenheit mit der Problematik beschäftigt. Da die Diskussion immer wieder entfache, müsse jetzt eine Lösung her. Die Vergangenheit sei klar und man könne bezüglich des Wegfalls des bestehenden Namens nur zustimmen.

Ratsherr Park und die CDU unterstützen den Beschlussvorschlag. Dank geht an Herrn Prof. Dr. Peiffer für sein Gutachten. Herrn Saathoff und seinem Team gelte ebenfalls Dank. Sie seien die Akteure, die zukünftig mit dem Namen umgehen müssten. Der Vorschlag der Schule werde daher unterstützt.

Ratsfrau Welter führt aus, dass die Grünen bereits vor sechs bis sieben Jahren den Antrag gestellt haben, sich mit der Person Robert Dannemann und seiner Vergangenheit in der NSDAP zu beschäftigen. Seinerzeit seien die vorliegenden Erkenntnisse noch nicht als so gravierend eingeschätzt worden. Nun sei sie froh, dass sich Herr Prof. Dr. Peiffer nochmals gründlich mit der Rolle Robert Dannemanns auseinandergesetzt habe. Es sei gut, dass es jetzt zu einer Umbenennung komme. Wenn der Schulvorstand sich für diesen neuen Namen entschieden habe, sei dies aus ihrer Sicht auch so in Ordnung.

Ratsherr Nee zweifelt die Ausarbeitung des Herrn Prof. Dr. Peiffer nicht an. Offensichtlich habe dieser sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Auch sehr intensiv habe sich der Schulvorstand mit der Angelegenheit auseinandergesetzt. Hierfür sollte man den Schulvorstand dankbar sein und dem Vorschlag des Schulvorstandes zustimmen, was die UWG auch tun werde.

Ratsherr Betten würde interessieren, warum es „Am Campus“ und nicht „Auf dem Campus“ heißen soll.

Hierzu führt Herr Saathoff aus, dass der Begriff „Campus“ seit einigen Jahren nicht mehr nur von Universitäten genutzt werde. So gäbe es bereits einige Campusschulen. Auch im Schul­vor­stand habe man sich anfänglich mit der Begrifflichkeit schwergetan, sich jedoch mit dem Blick in die Zukunft, was noch alles entstehen könnte, im Endeffekt auf den Vorschlag geeinigt.

Ratsherr Harms stimmt als Vertreter der FDP dem Antrag zu. Wie bereits ausgeführt, wird es für richtig gehalten, Institutionen und Schulen nicht nach Persönlichkeiten zu benennen. Man dürfe Robert Dannemann aber nicht in eine Ecke stellen und verurteilen, solange man seine historischen Werke insgesamt nicht bewertet habe. Er verweist auf den Begriff der Resozialisierung. Einer, der ein Verbrechen begangen hat, müsse die Chance auf Resozialisierung haben.

Für Ratsfrau Schmidt stellt der neue Name „Schule Am Campus Westerstede“ eine Ortsbezeichnung dar für etwas, was es zwar jetzt noch nicht gibt, künftig aber geben werde. Sie würde jedoch die Bezeichnung Campus vor die Bezeichnung der Schulform Oberschule stellen wollen, weil der Name „Am Campus“ zu Irritation führen könnte. Ein Campus würde mehrere Gebäudekomplexe beinhalten, also mehrere verschiedene Gebäude, die sich zu einem Komplex zusammenfügen, so wie es auch bei der Neugestaltung der Schule geplant sei.

Ratsherr Harms stimmt dem Einwand von Ratsfrau Schmidt zu. Nach eigener Internetrecherche sei er darauf gestoßen, dass viele Schulen im Namen den „Campus“ haben. Dort heißt es dann jedoch „Campus Ort“, dies wäre hier zum Beispiel „Campus Westerstede Oberschule“. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten der Namensgebung. Der Name sollte nochmals überdacht werden. Er plädiere jedoch dafür, heute die Umbenennung grundsätzlich zu entscheiden und sich für den neuen Namen noch Zeit zu nehmen.

Herr Saathoff führt aus, dass die vorgenannten Möglichkeiten tatsächlich im Schulvorstand diskutiert wurden. Seitens der Landesschulbehörde würde der Campus wahrscheinlich nicht erwähnt werden, da diese immer die Schulform voranstelle. Der Schulvorstand sei sich jedoch einig gewesen, den Schulnamen nicht bloß auf die Schulform „Oberschule Westerstede“ zu reduzieren, sondern auch gerade das Besondere an der Schule im Namen hervorzuheben.

Frau Hinrichs erläutert den rechtlichen Rahmen. Die Namensgebung sei in der nächsten Ratssitzung zu beschließen, wolle man diesen noch zum 01.08. ändern. Wolle man nun dem Vorschlag des Schulvorstandes nicht folgen, sei dieser nochmals zu beteiligen, was zeitliche Probleme mit sich bringen würde. Es mache nur Sinn, eine Umbenennung zu Beginn des Schuljahres durchzuführen, da diese auch organisatorische Veränderungen wie z. B. die Änderung der Siegel, Zeugnisbögen oder gar Schulschilder nach sich ziehen würde. Jetzt nur den Wegfall des Namens und in ein paar Monaten dann den neuen Namen zu beschließen, würde einen nicht unerheblichen Verwaltungs- sowie Finanzaufwand nach sich ziehen.

Ratsherr Park unterstützt den Beschlussvorschlag nach wie vor. Die Schule und die Beteiligten haben sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Wenn es um die zukünftige Ausrichtung geht, sollte diese Vision mitberücksichtigt werden.

Ratsherr Lukoschus schließt sich den Ausführungen von Herrn Park an.

Ratsherr Kroon stimmt Ratsfrau Schmidt zu, dass die Bezeichnung „Am Campus“ ein Vorgriff auf die Zukunft darstellt. Er sehe es jedoch ähnlich, dass der Schulvorstand sich damit beschäftigt hat und dem Vorschlag zugestimmt werden sollte.

 


Beschluss:

Dem Vorschlag des Schulvorstandes, die „Robert-Dannemann-Schule“ in „Oberschule am Campus Westerstede“ umzubenennen, wird zugestimmt. Die Umbenennung erfolgt zu Beginn des Schuljahres 2021/22.

 


Abstimmungsergebnis:

13 Ja-Stimmen, 1 Enthaltung
 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Gutachten (482 KB)