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Auszug - 137. Änderung des Flächennutzungsplanes - Sachlicher Teilflächennutzungsplanes "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b Baugesetzbuch - Abwägung - Auslegungsbeschluss   

 
 
Sitzung des Bauausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Bauausschuss Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Di, 22.08.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 20:10 Anlass: Sitzung
Raum: Forum der Oberschule Westerstede
Ort: Heinz-Böhnke-Straße 3, 26655 Westerstede
21/1141-01-02 137. Änderung des Flächennutzungsplanes - Sachlicher Teilflächennutzungsplanes "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b Baugesetzbuch - Abwägung - Auslegungsbeschluss

   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Bezüglich:
21/1141
Federführend:Bauamt Bearbeiter/-in: Hots, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Der Ausschussvorsitzende verweist auf die Beschlussvorlage Nr. 21/1141-01-02 und bittet Herrn Korte um weitere Ausführungen.

Herr Korte stellt anhand einer PowerPoint-Präsentation (beigefügt als Anlage) zunächst kurz die grundsätzliche Planungssystematik der Steuerung der Windenergie dar. Aufgrund der bekannten gesetzlichen Änderungen entfalle die bekannte Steuerungswirkung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch zum 01.02.2024. Damit die Stadt Westerstede noch wirksam mit einer übergangsweisen zulässigen Ausschlusswirkung planen könne, müsste der Flächennutzungsplan bis Ende Januar 2024 rechtswirksam sein.  Insofern sei bereits im vergangenem Jahr eine Standortpotentialanalyse erstellt worden, in der durch ein systematisches Vorgehen in einem schlüssigen Konzept sowie der Unterscheidung von sog. harten und weichen Tabukriterien mögliche Flächen für die Nutzung von Windenergie identifiziert wurden. Als Kernelement der Planung hebt Herr Korte die einheitlich gewählten Abstandskriterien zu Wohnhäusern (600m zu Außenbereichs- sowie zu Innenbereichslagen) hervor. Hier spricht die Stadt der Bevölkerung einen 200m Vorsorgeabstand als weiche Tabuzone zusätzlich zu den gesetzlichen Regelungen zu (§ 249 Abs. 10 BauGB = zweifache Höhe der Windenergieanlage). Die frühzeitige Beteiligung in dem Bauleitplanverfahren sei im Januar und Februar durchgeführt worden. Bestandteil der Beteiligung waren auch drei Informationsveranstaltung.

Sodann erläutert Herr Korte den Inhalt der im Verfahren eingegangenen Stellungnahmen in thematisch zusammengefassten Stichpunkten sowie die daraus ergebenen Änderungen für die weitere Planung. Als wesentlicher Punkt sei die Einstufung der Vorranggebiete des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises Ammerland hervorzuheben. Hier habe der Landkreis Ammerland darauf hingewiesen, dass diese trotz des Alters (Rechtskraft 1996) als harte Tabukriterien einzustellen seien. Als Folge ändere sich die Gebietskulisse insbesondere im Bereich Tarbarg (zusätzliche Gründe siehe unten) und Hollwegerfeldermoor. Speziell erwähnt er das Vorranggebiet Rohstoffgewinnung Torf und bittet Herrn Hinrichs um nähere Erläuterungen zu diesem Punkt.

Herr Hinrichs erläutert die grundsätzliche Einstufung der Gebietskategorie als hartes Tabukriterium. Flächen, auf denen jedoch das raumordnerische Ziel erfüllt sei (genehmigter Abbau erledigt oder keine Torfauflage vorhanden), müssten in der Folge von der harten Tabufläche ausgenommen werden. Aufgrund einer Eingabe eines Projektierers, der Bodenuntersuchungen in dem Teilbereich veranlasst habe, wurden abweichend von den versandten Unterlagen und nach Rücksprache mit dem Landkreis Ammerland weitere Flächen angrenzend an den Teilbereich 4 der Sondergebietsfläche zugeschlagen. Die Erweiterung der Fläche habe eine Größe von rd. 4,5 ha. Der Projektierer habe weitere Bodenuntersuchungen angekündigt; über den Fortgang werde im Verwaltungsausschuss berichtet.
Die vorgestellte Erweiterung des Teilbereichs 4– Hollwegerfeldermoor - um rd. 4,5 ha wird von den Ausschussmitgliedern zustimmend zur Kenntnis genommen.

Herr Korte führt weiter aus, dass neben den Einzelstellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern auch eine Unterschriftenliste mit rd. 300 Unterschriften aus dem Teilbereich Nr. 3 – Westerloy- eingegangen sei. Zu den einzelnen Themen der eingegangenen Stellungnahmen trägt er ebenfalls themenbezogene zusammenfassende Erläuterungen vor.

Die einzelnen Themenblöcke sind der Präsentation zu entnehmen, u.a. Schall und Infraschall, Schattenschlag, Artenschutz und finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Zuletzt geht Herr Korte auf die resultierenden Änderungen der Planung ein. Er erwähnt insbesondere die Umstellung von der sog. „Rotor-In“ Darstellung zur „Rotor-Out“ Darstellung. Nunmehr würden in der Studie als auch in der Flächennutzungsplanänderung mit der „Rotor-Out“ Variante gerechnet, heißt, dass nur der Mast innerhalb der dargestellten Flächen stehen müsste; die Rotoren dürften sich außerhalb dieser Fläche befinden. Diese Variante habe sich gegenüber der „Rotor-In“ Variante als flexibler herausgestellt und würde in einer Planung des Landkreises Ammerland ebenfalls gewählt werden, sodass später keine Anpassungspflicht nach § 1 Absatz 4 BauGB ausgelöst würde. Aufgrund der „Rotor-Out“ Darstellung müsste zu den Stadtgebietsgrenzen ein Abstand in Höhe des Rotorradius der Referenzwindenergieanlage gewählt werden (hier 80m), da die Rotoren nur über das eigene Stadtgebiet streichen dürften. In den Teilbereichen, in denen eine andere Gemeinde ebenfalls eine Flächennutzungsplandarstellung für Windenergieanlagen im Bereich der Gemeindegrenze plant, könne die Stadt unter Abstimmung mit der jeweiligen Gemeinde die eigene Darstellung bis an die Grenze erweitern, sodass ein interkommunaler Windpark möglich wäre. Diese Abstimmung habe mit den Gemeinden Apen und Edewecht stattgefunden, sodass bei den Teilbereichen 1 – Fintlandsmoor – und 3 – Westerloy – interkommunale Windparks möglich seien.  Weiter geht Herr Korte darauf ein, dass sich aufgrund von naturschutzfachlichen Kriterien die Potentialflächen im Bereich Tarbarg nunmehr nicht mehr bestätigen, sodass diese Flächen nicht weiterverfolgt würden. Hinzugetreten sei jedoch eine Fläche im Bereich Petersfeld, die im Zusammenhang mit den Flächen im Teilbereich 7 – Garnholter Büsche- als eine Bündelung (Konzentrationswirkung) gesehen werden könne. Diese Fläche sei mit unter 5 ha recht klein, wäre jedoch aufgrund des linienförmigen Zuschnittes geeignet, mehrere Windenergieanlagen aufzunehmen; ähnlich verhalte es sich bei dem Teilbereich 5 – Linswege Nord -.

Weiter zeigt Herr Korte die einzelnen Teilbereiche des Entwurfs auf. Insgesamt seien 9 Bereiche mit einer Gesamtfläche von rd. 169 ha identifiziert worden. Die Bestandwindparks ‚Karlshof‘ und ‚Garnholt‘ seien durch die Studie in ihrer Ausdehnung zwar nicht komplett bestätigt worden, können jedoch im Zuge des Repowering-Interesses und aufgrund bestehender Urteile unter Abwägung vollends übernommen werden. Der Gesetzgeber stelle das Repowering in der neuen Gesetzgebung besonders heraus und räume Sonderrechte hinsichtlich der Standortwahl von neuen Windenergieanlagen ein.

Zuletzt zeigt Herr Korte auf, dass die Orientierungswerte zum Nachweis für die Bereitstellung des substantiellen Raumes für die Windenergie in Westerstede bezogen auf die Ziele des Landesraumordnungsprogramms (1,4% der Landesfläche bis 2030) mit rd. 0,95% zwar nicht erreicht werden könnten, hingegen jedoch die Ziele des Windenergieerlasses der Landesregierung (7,05% der Potentialflächen Stadtgebiet, abzüglich harter Tabuzonen, Wald-, FFH- und Industrie- und Gewerbefläche) mit 10,16 % erreicht werden könnten, sodass der Nachweis mit der vorliegenden Planung erbracht werden könne. In den Werten sei jedoch die Erweiterung des Teilbereiches 4 – Hollwegerfeldermoor – noch nicht inbegriffen.

Der Ausschussvorsitzende bedankt sich für die ausführlichen Erläuterungen und bittet die Ausschussmitglieder um Wortbeiträge.

Die Ratsmitglieder Gerdes und Cording hinterfragen den Stand der rechtlichen Grundlage für die finanzielle Beteiligung an Windenergieprojekten.

Anmerkung der Verwaltung: Das Gesetz über die finanzielle Beteiligung am Ausbau erneuerbarer Energien in Niedersachsen (NEEBetG) befindet sich derzeit in der gesetzgeberischen Anhörung. Der Entwurf ist als Anlage beigefügt.

Auf Nachfrage von Ratsherrn Hots erläutert Herr Korte, dass die vorliegende Planung mit den 600m Abstand zu Wohnbebauungen eine Übergangsregelung für die Stadt Westerstede darstelle. Diese Darstellungen im Flächennutzungsplan würden bis zum Inkrafttreten der Planung des Landkreises (Nachweis des Flächenbeitragswertes) Bestand haben. Welchen Abstand der Landkreis wählen wird, sei noch nicht absehbar.

Zum Thema „Schall“ hinterfragt Ratsherr Töpfel, ob die modernen Windenergieanlagen leiser oder lauter als die älteren Bestandsanlagen seien.

Herr Korte führt diesbezüglich aus, dass sich die konkreten Lärmwerte ohne genaue Kentniss über die Anlage nicht pauschal ermitteln ließen, vielmehr verweise er auf die Projektierer. Erfahrungsgemäß sei das Thema „Schall“ jedoch durch Abschaltszeiten und reduzierten Betrieb oftmals in der Nacht regelbar.

Der Ausschussvorsitzende gibt für einen Redebeitrag seinen Vorsitz an Ratsherrn Hots ab.

Ratsherr Schneider spricht für die CDU-Fraktion die grundsätzliche Zustimmung zur Gewinnung von regenerativen Energie aus und hebt die nachvollziehbare vorliegende Planung hervor. Mit einem 80 %igen Anteil der regenerativen Energien im Energiemix in Westerstede sei die Stadt bereits gut aufgestellt. Er teilt mit, dass sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung in Teilen enthalten werde, da die vom Bund und vom Land auferlegte „Planungspflicht“ mit der Erfüllung von Flächenzielen anstatt dem seines Erachtens sinnvolleren Erreichen von Energiemengen abgelehnt werde; das Verfahren an sich wolle man nicht blockieren. Er spricht sich weiterhin für eine rücksichtsvolle Planung im Hinblick auf die Belange der Bürgerinnen und Bürger aus.

Ratsherr Kroon erläutert den politischen Willen aller Fraktionen, einen ungesteuerten „Wildwuchs“ zu unterbinden und Rücksicht auf die Bevölkerung zu nehmen. Aus diesem Grund wurden die Schutzziele (Abstände zu Wohnbebauungen) auch über den gesetzlichen Anspruch hinaus erweitert und trotzdem der Windenergie in nachvollziehbarer Art und Weise substantiellen Raum gegeben. Ratsherr Kroon plädiert für den Ausbau der regenerativen Energie und für den Beschluss über das weitere Bauleitplanverfahren in der vorgeschlagenen Art und Weise.

Auch Ratsherr Töpfel spricht sich für die Planung aus. Seines Erachtens sei der Klimawandel nicht zu verleumden und die Energiewende sei voranzubringen. Die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger sollten im Verfahren ernstgenommen werden.

Ratsherr Gerdes stellt die offene Frage, ob die grundsätzliche bundespolitische Vorgehensweise der richtige Weg der „erzwungenen“ Energiewende sei. Aufgrund der Tatsache, dass die Flächennutzungsplanänderung die unterschiedlichen Belange abwägt, könne er dem Verfahren zustimmen, gibt jedoch zu bedenken, dass die Höhe der gewählten Referenz-Windenergieanlage niedriger sei als die Windenergieanlagen, die in dem vergangenen Jahr in der Realität errichtet wurden. Ein Kernelement sei es, die Betroffenen mitzunehmen und eine breite Akzeptanz zu schaffen. Aufgrund der höheren Flächenproduktivität im Vergleich zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen spricht er sich für die Windenergieplanung aus.

Die Ratsherren Gerstenkorn und Hots betonen, die hervorragend geleistete Arbeit des Planungsbüros sowie der Verwaltung und ergänzen, dass lediglich durch die Beschlussfassung ein „Wildwuchs“ verhindert werden könne.   
 


Beschlussvorschlag an den Verwaltungsausschuss:

Der Standortpotentialanalyse sowie den Verfahrensvorschlägen wird zugestimmt. Ferner wird den Entwürfen der 137. Flächennutzungsplanänderung inkl. der im Bauausschuss vom 22.08.2023 präsentierten Erteiterung des Teilbereichs 4 und der Begründung nebst Umweltbericht zugestimmt und beschlossen, diese öffentlich auszulegen (§ 3 Abs. 2 BauGB). Zu den Planunterlagen sind die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange einzuholen, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann (§ 4 Abs. 2 BauGB).
 


Abstimmungsergebnis:

Einstimmig bei vier Enthaltungen
 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Präsentation Bauausschuss 22.08.2023 (4238 KB)