Bürgerinformationssystem
Beschlussvorschlag:Ohne
Sachverhalt:In der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus, Märkte und Mobilität vom 13.05.2019 wurden seitens des Wirtschaftsforum Westerstede e.V. die Ergebnisse der Umfrage „Westerstede will’s wissen“ präsentiert und entsprechende Anträge in Zusammenarbeit mit dem Beirat Stadtmarketing formuliert.
Antrag 2 lautet:
Das Vergabeverfahren für den Erwerb von Baugrundstücken sollte überarbeitet werden.
Im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung, Umwelt und Landwirtschaft vom 26.08.2019 wurde bereits berichtet, dass eine Überarbeitung der Vergaberichtlichtlinien für die kommenden Baugebiete erfolgen sollte. Es ist derzeit davon auszugehen, dass die nächste Vergabe für Hössen-Weshorn und ggf. Hössen-Haarfurther Straße im Frühjahr/Sommer 2020 ansteht.
Bisher wurde eine Vergabe der Bauplätze nach Höchstpunktzahl vorgenommen, bei dem sich die Punktzahl der einzelnen Bewerber aus folgenden Kriterien ermittelte:
Die Vergabe erfolgte nach der Reihenfolge der erreichten Punkte. Waren die genannten Wunschplätze bereits an höher bepunktete Bewerber vergeben, so wurde den Bewerbern der Zugriff auf andere noch freie Grundstücke ermöglicht. Erfahrungen der Verwaltungen mit dem vorgenannten System: Die Frage nach dem Wohnort vernachlässigt die persönliche Historie der Bewerber. So können Ur-Westersteder, die aufgrund privater Entscheidungen vielleicht auch nur vorübergehend melderechtlich das Stadtgebiet verlassen haben, nicht berücksichtigt werden. Auch führt die Dauer der Wohnortnahme oder die Art (Haupt- oder Nebenwohnung) regelmäßig zu Diskussionen.
Das Kriterium zur Familie bzw. zu den Kindern hat im oben genannten Vergabesystem eine hohe Gewichtung. Es ist stichtagsbezogen auszuwerten, ob minderjährige Kinder vorhanden sind oder nicht. Eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern und einem Eigenheim erreicht mehr Punkte als kinderlose Bewerber(-paare) ohne Wohneigentum; bei drei oder mehr Kindern sind diese bei einer Bauplatzvergabe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Bereich einer Zuschlagserteilung. Kinderlose Bewerber(-paare) stehen hier ungeachtet der persönlichen Gründe der Kinderlosigkeit vor einer hohen Hürde, um ausreichend Punkte für eine Vergabe zu erhalten. Auch wird hierzu von den Bewerbern oftmals angeführt, dass die Familienplanung klassisch erst für die Zeit nach dem Bau des Eigenheims anstehe, da die jetzige Unterkunft räumlich begrenzt sei. Des Weiteren berücksichtigt das Kriterium nicht die schwangeren Bewerberinnen sowie die Bewerber mit Umgangsberechtigung: wenn die Kinder sich nicht dauerhaft im Haushalt der Bewerber aufhalten oder unter getrennten Eltern in gleichen Anteilen zum Haushalt gehören.
Das Kriterium „kein Wohneigentum“ umfasst grundsätzlich jede Unterkunftsart. Gerade bei Zusammenzügen von Bewerbern, Umzügen nach Westerstede oder auch Wohneigentum außerhalb Westerstedes führt diese Bewertung zu Problemen, da Entfernung, Größe und Zustandekommen des Wohneigentums (oftmals über Erbschaft) keine Berücksichtigung finden können. Des Weiteren fühlen sich viele Bewerber benachteiligt, wenn sie sich mit der Absicht bewerben, ihr bisheriges Wohneigentum dem Markt zur Verfügung zu stellen, um sich wohnlich zu verkleinern. Schwierig wird es auch bei der Bewertung von Wohnungsanteilen oder Wohnrechten, die grundsätzlich auch unter vorhandenem Wohneigentum zu fassen wären, oftmals in der gelebten Praxis jedoch nicht für Eigenzwecke nutzbar sind.
Die Bewertung des altersgerechten Bauens wird derzeit so berücksichtigt, dass diese Punkte nur dann zuteilungsfähig sind, wenn keine Punkte für minderjährige Kinder gewährt werden und die Bewerber das 60. Lebensjahr vollendet haben. Hintergrund ist, dass auch viele jünger Bauinteressenten nach eigenen Angaben altersgerecht bauen wollen und insoweit keine Unterscheidungsmöglichkeit mehr gegeben ist.
Bei der Bewertung des Arbeitsplatzes in Westerstede war der ursprüngliche Ansatz, die Einpendler nach Westerstede zu berücksichtigen, um unnötige Fahrtstrecken zu vermeiden und ein Wohnen am Ort der Arbeit zu ermöglichen. In der Praxis gestaltet sich dieser Ansatz jedoch schwierig, da auch viele Westersteder Einwohner einen Arbeitsplatz in Westerstede haben und somit diese Punkte erhalten. Zudem stehen folgende Fragen bei der Beurteilung eines vorhandenen Arbeitsplatzes im Raum: reicht eine geringfügige Beschäftigung? Was ist mit Beschäftigten in Elternzeit oder längerfristigen Arbeitsunfähgikeit?
Das Kriterium der Absage in vorherigen Baugebieten wurde vor einigen Jahren eingeführt, um Bewerber zu berücksichtigen, die bereits des Öfteren nicht berücksichtigt werden konnten. Die Einführung hat sich bewährt, auch wenn manche Bewerber einige Baugebiete abwarten müssen, um einen Zuschlag zu erhalten. Fraglich ist allenfalls, wie mit dem freiwilligen Verzicht bzw. dem Rückzug einer Bewerbung umzugehen ist, wenn der Rückzug aufgrund einer erfolgslosen Aussicht auf einen Bauplatz erfolgte. Des Weiteren ist festzustellen, dass einige Bewerber sich auf aussichtslose Baugebiete, insbesondere Baugebiete mit der Vergabe nach dörflichen Belangen über die SEG GmbH, bewerben, um „Punkte zu sammeln“.
Aus Sicht der Verwaltung sind die Vergaberichtlinien zu überarbeiten. So sind sie konkreter zu formulieren, aber auch um einige Kriterien zu erweitern, wie z. B. Berücksichtigung Schwangerschaft und Personen mit Beeinträchtigung (Schwerbehinderte). Ziel muss es sein, unter Beachtung der vorgenannten Erfahrungen eine Vergaberichtlinie zu entwickeln, die nachvollziehbar ist und ein Gerechtigkeitsempfinden bei den Bewerbern nach sich zieht, auch wenn nicht alle möglichen Fallkonstellationen berücksichtigt werden können.
Es ist vorstellbar, verschiedene Vergabegruppen einzuführen, die jeweils für sich prozentuale Anteile an Bauplätzen berücksichtigen. So könnte man derzeit nur teilweise berücksichtigte Bewerbergruppen, z. B. kinderlose, beeinträchtigte, ältere Bewerber oder Pendler, entsprechend bei der Vergabe nach jeweiliger Gewichtgung berücksichtigen und eine Durchmischung mit unterschiedlichen Nachfragegruppen erreichen.
In der anliegenden (nichtöffentlichen) Übersicht sind sowohl die Bestandskriterien, die ursprünglichen Ziele als auch mögliche zukünftige Kriterien dargestellt. Die Übersicht soll als erste Diskussionsgrundlage dienen, um im Bauausschuss im Frühjahr 2020 die finalen Kriterien bestimmen zu können. In der Sitzung werden die aufgezeigten Kriterien und die daraus resultierenden Erkenntnisse am Beispiel der Bewerbungen zum Baugebiet Hössen X dargestellt. Die neuen Kriterien sollten wie bisher auch pro Baugebiet festgesetzt werden, um auf baugebietstypische Gegebenheiten und sonstige Entwicklungen/Erfahrungen im Allgemeinen reagieren zu können. Die erste Festsetzung ist somit zur Vergabe der Bauplätze im Baugiebt Hössen-Weshorn zu erwarten, welche zeitgleich mit der Kaufpreisfestsetzung für die Ratssitzung im März 2020 vorgesehen ist.
Des Weiteren sind die Vergaberichtlinien der anderen Ammerländer Gemeinden sowie der Stadt Oldenburg zur Kenntnisnahme (nichtöffentlich) beigefügt, soweit sie zur Verfügung standen.
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Anlage/n:Übersicht Vergabekriterien als Diskussionsgrundlage (nichtöffentlich) Vergaberichtlinien Ammerländer Gemeinden und Oldenburg (nichtöffentlich)
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