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Auszug - 137. Änderung des Flächennutzungsplanes - Sachlicher Teilflächennutzungsplan "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b Baugesetzbuch (BauGB) - Abwägung der privaten und öffentlichen Belange, die im Rahmen der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 sowie der Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB vorgetragen worden sind - Feststellungsbeschluss  

 
 
Sitzung des Bauausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Bauausschuss Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Mo, 06.11.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 19:35 Anlass: Sitzung
Raum: Forum der Oberschule Westerstede
Ort: Heinz-Böhnke-Straße 3, 26655 Westerstede
23/1567 137. Änderung des Flächennutzungsplanes - Sachlicher Teilflächennutzungsplan "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b Baugesetzbuch (BauGB) - Abwägung der privaten und öffentlichen Belange, die im Rahmen der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 sowie der Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB vorgetragen worden sind - Feststellungsbeschluss
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Bezüglich:
21/1141-01-02
Federführend:Bauamt Bearbeiter/-in: Hinrichs, Rolf
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Der Ausschussvorsitzende verweist auf die Beschlussvorlage Nummer 23/1567 und bittet Herrn Korte vom Planungsbüro Diekmann- Mosebach & Partner, Rastede, um nähere Erläuterungen.

Herr Korte nimmt Bezug auf die Beschlussvorlage und stellt die Ziele sowie den bisherigen Werdegang der 137. Flächennutzungsplanänderung (FNP-Änderung) vor. Er stellt hierbei insbesondere heraus, dass eine gesamträumliche Standortpotenzialanalyse zur Herleitung der im Flächennutzungsplan künftig dargestellten Sonderbauflächen erstellt wurde. Hierbei seien die von der Rechtsprechung geforderte Unterscheidung der abstandsrelevanten Parameter in harte und weiche Kriterien angewandt worden. Als Kernelement der Planung hebt Herr Korte die einheitlich gewählten Abstandskriterien zu Wohnhäusern (600m zu Außenbereichs- sowie zu Innenbereichslagen) hervor. Hier spricht die Stadt der Bevölkerung einen 200m Vorsorgeabstand als weiche Tabuzone zusätzlich zu den gesetzlichen Regelungen zu (§ 249 Abs. 10 BauGB = zweifache Höhe der Windenergieanlage). Im Ergebnis könne seitens des Planungsbüros festgestellt werden, dass die erreichten Werte die Annahme rechtfertigten, dass der geforderte substantielle Raum geschaffen werden könne.

Herr Korte erläutert kurz den Entwurf der FNP-Änderung und geht auf die einzelnen Teilbereiche ein. Hierbei zeigt er insbesondere im Teilbereich 4 – Hollwegerfeldermoor - auf, dass eine Diskrepanz in der Flächenausdehnung zwischen der Standortpotenzialanalyse sowie der FNP- Änderung existiere. Dies sei darin zu begründen, dass in der Analyse das Vorranggebiet Rohstoffgewinnung als harte Tabufläche gewertet worden sei. Durch entsprechende stichhaltige und plausible Fachgutachten sei jedoch belegt worden, dass eine entsprechende zielgetreue Verwertung des dortigen Bodens aufgrund der tatsächlichen Bodenverhältnisse nicht möglich sei; diese Beurteilung werde auch von der entsprechenden Fachbehörde (LBEG – Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) geteilt.

Des Weiteren erläutert Herr Korte, die so genannte Rotor-Out-Regelung, die besagt, dass nur der Mast innerhalb der dargestellten Sonderbauflächen stehen müsse; die Rotoren dürften sich außerhalb dieser Fläche befinden. Aufgrund der „Rotor-Out“ Darstellung müsste zu den Stadtgebietsgrenzen ein Abstand in Höhe des Rotorradius der Referenzwindenergieanlage gewählt werden (hier 80m), da die Rotoren nur über das eigene Stadtgebiet streichen dürften. In den Teilbereichen, in denen eine andere Gemeinde ebenfalls eine Flächennutzungsplandarstellung für Windenergieanlagen im Bereich der Gemeindegrenze plant, könne die Stadt unter Abstimmung mit der jeweiligen Gemeinde die eigene Darstellung bis an die Gemeindegrenze erweitern, sodass ein interkommunaler Windpark möglich wäre. Diese Abstimmung habe mit den Gemeinden Apen und Edewecht stattgefunden, sodass bei den Teilbereichen 1 – Fintlandsmoor – und 3 – Westerloy – interkommunale Windparks möglich seien.

Im Weiteren geht Herr Korte auf die abwägungsrelevanten Stellungnahmen im Zuge des Auslegungsverfahrens ein. Hervorzuheben seien seitens der Träger öffentlicher Belange die Abstände zu naturschutzfachlichen Schutzgebieten, die sich im Vergleich zum Vorentwurf nicht geändert hätten, jedoch sei die zeichnerische Darstellung in der Planzeichnung aufgrund der o.g. „Rotor-Out“- Regelung angepasst worden. Die gewählte Darstellung sei entsprechend dem jeweiligen Schutzzweck angepasst worden.

Auch fügt er hinzu, dass noch eine verspätete Stellungnahme der EWE zu den erforderlichen Abständen zu Erdgasleitungen eingegangen sei. Nunmehr fordere die EWE einen Sicherheitsabstand von 35 Metern; in der Standortpotentialanalyse sei ein Abstand von 30 Meter berücksichtigt worden. Aufgrund von vielfachen Überlagerungen von Abständen, insbesondere von Abständen zu Wohngebäuden ergebe sich durch den Inhalt der Stellungnahme keine Änderung in der Planung.

Anschließend geht Herr Korte auf die Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger ein. Vielfach wurden innerhalb der Stellungnahmen Bezug auf Fragestellungen genommen, die die Stadt Westerstede auf Ebene dieser FNP-Änderung nicht abschließend regeln könne, sondern erst abschließend im nachgelagerten Genehmigungsverfahren nach dem Bundesemissionsschutzgesetz zu entscheiden seien. Dies betrifft insbesondere die Themen Schall, Infraschall, Schattenwurf und Artenschutz. Zum letztgenannten führt Herr Korte aus, dass innerhalb des Verfahrens keine elementaren Erkenntnisse, die gegen die dargestellten Flächen sprechen würden, zugetragen worden seien. 

Zum Thema „Waldflächen“ trägt Herr Korte vor, dass bei einer Prüfung der Waldbelange lediglich alte Waldstandorte nach dem Landesraumordnungsprogramm als harte Tabuflächen zu werten seien; der übrige Wald sei als weiches Tabukriterium in der Planung berücksichtigt worden und auf einen zusätzlichen Vorsorgeabstand verzichtet worden, sodass lediglich der Waldrandbereich durch ein Überstreichen mit dem Rotor aufgrund der „Rotor-Out“-Regelung in Anspruch genommen werden kann.

Zum Thema „Moorschutz“ führt er aus, dass die Wiedervernässung von Mooren einer Windenergienutzung nicht grundlegend entgegenstehen würde, zumal es in Deutschland keine gesetzlichen Regelungen hierfür gäbe.

Zuletzt erläutert Herr Korte, dass im südwestlichen Bereich des Teilbereichs 4 eine kleine Anpassung aufgrund einer Stellungnahme vorgenommen worden sei. Innerhalb der zugrundeliegenden Planunterlage des Katasteramts sei dort kein Wohnhaus verzeichnet worden; es bestehe jedoch eine entsprechende Baugenehmigung, die zu berücksichtigen sei; die Grundzüge der Planung seien hierdurch nicht betroffen. Weiterhin seien in den Unterlagen redaktionelle Änderungen vorgenommen worden, die sich ebenfalls nicht auf die Grundzüge der Planung der Planung auswirken würden.

Daraufhin erläutert Herr Hinrichs kurz die im Verfahren eingegangene Stellungnahme des Landkreises zum Thema „Kleinwindenergieanlagen“. Der Landkreis Ammerland habe seine erste Stellungnahme mit Schreiben vom 27.10.2023 korrigiert, nach der Kleinstwindenergieanlagen im Außenbereich zwar der Ausschlusswirkung unterfallen, aber im Rahmen einer Einzelfallprüfung u. a. dann zulässig seien, wenn bei einem sonstigen Wohngebäude im Außenbereich der erzeugte Strom überwiegend selbst verbraucht werde. Hierbei handele es sich dann um eine Ausnahme von einer „Regel“-Formulierung. Herr Hinrichs fügt hinzu, dass die Begründung der FNP-Änderung dahingehend ergänzt werde, dass die Stadt am Ziel der Steuerung von WEA aller Art und Größe in der freien Landschaft festhalte, damit aber nicht jede Kleinstwindenergieanlage im Umfeld bestehender baulicher Anlagen erfassen wollte, die im Rahmen einer Einzelfallprüfung zulässig sein könnte, was insbesondere für Anlagen für die Eigenversorgung gelte.

Auf Nachfrage von Ratsherren Hots führt Herr Hinrichs aus, dass Windenergieanlagen, als mitgezogene Nutzungen für landwirtschaftliche Betriebe von der Ausschlusswirkung nicht erfasst würden, da diese nach § 35 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB privilegiert seien und daher nicht der Steuerung der Windenergieanlagen unterliegen.

Der Ausschussvorsitzende bedankt sich bei Herrn Korte für die Ausführungen und bittet die Ausschussmitglieder um ihre Wortbeiträge.

Ratsherr Kroon hebt den umfangreichen Planungsprozess und das transparente Verfahren, das zum Erreichen des gemeinsamen Zieles, nämlich der gesteuerten Zulässigkeit von Windenergieanlagen, beigetragen hat, hervor. Jedoch seien auch in den kommenden Monaten und Jahren weitere Diskussionen über die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei dem Betrieb der Windenergieanlagen zu führen, um eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen. Er betont, dass die Stadt Westerstede mit dem Feststellungsbeschluss einen wichtigen Schritt zum Erreichen des gemeinsamen gesellschaftlichen Zieles der Klimaneutralität gehen werde. Er spricht die Unterstützung der SPD-Fraktion aus.

Ratsherr Hooymann bedankt sich für die umfangreiche und verständliche Aufarbeitung der Unterlagen und führt weiterhin aus, dass die Möglichkeit der gesteuerten Windenergienutzung ergriffen werden sollte, um einen „Wildwuchs“ an Windenergieanlagen zu vermeiden.

Für einen Wortbeitrag gibt der Ausschussvorsitzende seinen Vorsitz an Ratsherrn Hots ab.

Ratsherr Schneider verliest eine Erklärung der CDU-Fraktion, in der er die Zusammenarbeit der Verwaltung, des Planungsbüros und der Politik lobend hervorhebt. Mit der vorliegenden Planung werde das Planungsziel erreicht; die CDU-Fraktion hätte sich jedoch einen erweiterten Abstand zur Wohnbebauung gewünscht, der jedoch aufgrund der Planungssystematik und der Erfüllung des substantiellen Raumes nicht möglich gewesen wäre. Mit einem 80 %igen Anteil der regenerativ erzeugten Energien im Strommix für Westerstede sei die Stadt bereits gut aufgestellt und habe ihren Anteil hiermit bereits geleistet. Er teilt mit, dass sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung enthalten werde, da die vom Bund und vom Land auferlegte „Planungspflicht“ mit der Erfüllung von Flächenzielen anstatt dem seines Erachtens sinnvolleren Erreichen von prozentualen Verteilungen der Energieerzeugung abgelehnt werde; das Bauleitplanverfahren an sich wolle man nicht blockieren.  Zuletzt betont er, dass derzeit keine verbindlichen Regelungen zur finanziellen Bürgerbeteiligung existieren würden; hier fehle es derzeit an verlässlichen Regelungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürger.

Ratsherr Töpfel erläutert, dass er sich ein einstimmiges Votum für die Fassung des Feststellungsbeschlusses gewünscht hätte, um ein gemeinsames Zeichen zu setzen.
 


Beschlussvorschlag an den Rat:

Die Standortpotenzialstudie mit den Anlagen zur Bestimmung geeigneter Suchräume für Windenergieanlagen im gesamten Gebiet der Stadt Westerstede anhand allgemeiner (Tabu-) Kriterien wird als Grundlage der 137. Flächennutzungsplanänderung beschlossen. 

Den Abwägungsvorschlägen zu den im Rahmen der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB sowie der Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB eingegangenen Stellungnahmen wird zugestimmt.

Die 137. Änderung des Flächennutzungsplanes - Sachlicher Teilflächennutzungsplan "Windenergie" gemäß § 5 Abs. 2 b BauGB - nebst Begründung, Umweltbericht, Standortpotenzialstudie nebst Anlagen wird aufgrund des § 2 Absatz 1 BauGB und § 58 NKomVG festgestellt.
 


Abstimmungsergebnis:

8 Ja-Stimmen – 5 Enthaltungen.